Leiden und Nöte - Geschichtsverein RAK e.V.Königswartha

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Leiden und Nöte

Im 1. Band der Chronik von Königswartha (es gibt 6 Bände), hat der ehemalige Ortschronist Johannes Ssyckor handschriftlich über diese Zeit des II. Weltkrieges folgendes notiert (nachstehend ein wortwörtlicher Auszug daraus):
 
„Leiden und Nöte“
 
 
Die Ereignisse des II. Weltkrieges würden gewiss ein dickes Buch ausfüllen. Mit 84 Jahren schrieb Herr Felix Petermann eine kurze Chronik der Entwicklung des Männerchores. Hier entnahm ich folgende Gedanken:
 
„Waren die Deutschen in den ersten 4 Jahren immer im Vormarsch, so kamen dann im 5. Jahre die schweren Rückschläge, am 8. Mai 1945 der Zusammenbruch des von Hitler und seinen Ratgebern heraufbeschworenen Krieges. Traurige und schwere Zeiten kamen auch für die Bevölkerung von Königswartha.
 
Am 19. April 1945 mussten sich die Bewohner auf die Flucht begeben. Die Glocken läuteten und mahnten zum Aufbruch. Der ganze Marktplatz war voll von Kraft-, Last- und Handwagen sowie Kinderwagen. Manche nahmen nur das mit, was sie persönlich schleppen konnten.
 
Welch trauriges Bild bot aber Königswartha den Heimkehrern, hatten doch dort schwere Kämpfe stattgefunden. Überall standen schwarze Ruinen und viele Wohnhäuser und Scheunen lagen in Schutt und Asche.
 
 
So Wohnhäuser von: – Elle / Schneider / Melde / Herrmann / Buhl / Boden / Wusch Paul / Unglaub / Lorz / Schörbel / Schmidt / Hettmann / Wusch Karl / Kuhnat / Zug / Pieper / Müller / Suschke / Wels / Zschech / Buder / Kschischenk / Schulze / Kieschnick / Dschitzig / Sturm –
 
So hatten viele Königswarthaer all ihr Hab und Gut verloren. Auch alle von den Bürgern eingegrabenen und versteckten Wertsachen und Lebensmittel waren gefunden und ausgegraben worden. Der Chronist (F. Petermann) und der Pfarrer Uhlmann hatten auf dem Friedhof ein Grab ausheben lassen. In zwei große Kisten wurden die Personalakten von Kirche und Standesamt gepackt und in das Grab gestellt. Der Pfarrer und Kirchendiener Funke setzten noch eine Wanne mit Kleidungsstücken darauf. Alles wurde mit Pappe bedeckt und das Grab wieder zugeworfen. Doch leider fand man auch dieses Versteck. Die Wanne mit den Sachen war verschwunden, nur die Kiste mit den Büchern hatte man stehen lassen, auch die zwei silbernen Leuchter und das Kruzifix, welche sich in einem Sacke befanden, hatte man nicht gefunden. Die frischen Gräber des Schneidermeisters Ernst Schulze und eines Soldaten waren bis auf die Särge ausgegraben. Aus vielen Wohnungen waren Möbel und Kleidungsstücke geplündert oder verschleppt worden. Die Wohnungsnot war sehr groß. Später kamen auch Schlesier hier her und mussten untergebracht werden.
 
Mit der Ernährung sah es auch sehr schlimm aus, keine Kartoffeln, kein Brot.
 
Waren während der Kampfhandlungen schon viele Menschen ums Leben gekommen, so nahm die Sterblichkeit durch die schlechte Ernährung sehr zu.
 
Der Schreiber musste als Standesbeamter1945 in das Sterbebuch 97 Todesfälle verbuchen.“
 
Soweit berichtete Herr Felix Petermann.
 
1945 ging es vor allem auch um Probleme der Ernährung. So stand 14 Tage lang kein Brot zur verfügung. Die neue Getreideernte wurde sehnsüchtig erwartet.
 
Nur unter höchster Lebensgefahr konnten die Bauern ihre Felder betreten, da diese mit Minen belegt waren.
 
Auf dem Gelände der ehemaligen nazistischen Munitionsanstalt erfolgten Sprengungen noch bis zum Jahre 1947.
 
Die sowjetische Kreiskommandantur sorgte dafür, dass die Minen entschärft und eingesammelt wurden und dass den Bauern die Ernteerträge nicht auf den Feldern geplündert wurden.Dazu setzte man auch in Königswartha Flurwachen ein.
 
Im August 1945 erhielten die Bauern erstmalig Ablieferungsbescheide, wonach sie spätestens bis zum 31. Oktober das veranlagte Getreide abzuliefern hatten.
 
Für die Zeit vom 28.5. bis zum 24.6.1945 waren die ersten Verpflegungsrationen, die jeder Person für eine Woche zustanden, in folgender Höhe festgelegt worden: 1700g Brot / 150 g Fleisch / 125 g Fett / 50 g Nährmittel / 25 g Kaffee-Ersatz
 
 
Für den Monat September 1945 erhielt der Normalverbraucher: 8000 g Kartoffeln / 5000 g Brot / 1000 g Quark / 500 g Salz / 250 g Zucker / 200 g Butter / 125 g Kaffee-Ersatz / 100 g Leinöl / 100 g Gerstenmehl / 75 g Teigwaren…“    Ende
 
 

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