Teilung der Oberlausitz - - Geschichtsverein RAK e.V.Königswartha

Königswarthaer Geschichtsverein-RAK
Königswarthaer Geschichtsverein RAK e.V.
Stawizniske towarstwo "RAK" w Rakecach
Direkt zum Seiteninhalt

Teilung der Oberlausitz -

Grenzsteine
Vor 200 Jahren wurde die Oberlausitz geteilt
Von Hans-Joachim Gawor

Nach der Niederlage Napoleons versammelten sich von September 1814 bis Juni 1815 im Wiener „Palais am Ballhausplatz“ (heute Amtssitz des Bundeskanzlers der Republik Österreich)
die bedeutendsten Staatsmänner und Fürsten Europas. Unter Leitung des österreichischen Außenministers Fürst von Metternich legte der Wiener Kongress die Grenzen Europas neu fest und definierte neue Staaten. Betroffen von den territorialen Veränderungen war in besonderen Maßen das erst am 11. Dezember 1806 gegründete Königreich Sachsen.
Als der sächsische König Friedrich August I. und der preußische König Wilhelm III. am 21. Mai 1815 das Friedens-Tractat zwischen Ihro Königl. Majestät von Sachsen und Ihro Königl.Majestät von Preußen unterzeichnete, hatte dies einschneidendeAuswirkungen für Sachsen. Sachsens Territorium, welches im Osten bis an die Queis und
im Norden bis 25 km vor Potsdam reichte, wurde um 58 % verkleinert und überwiegend Preußen einverleibt. Gleichlaufend mit dem Gebietsverlust sind dem Königreich Sachsen auch 42% seiner Bevölkerung verloren gegangen. Für Preußen erfüllte sich ein lange gehegtes Ziel. Bereits Friedrich der Große bemerkte 1768 in seinem zweiten politischen Testament wie nützlich es für Preußen sei, Sachsen und Preußisch-Polen zu absorbieren und
damit die Grenzen „abzurunden“.(*1
Mit Dekret vom 22. Mai 1815 entließ Friedrich August I. die Untertanen des abgetrennten Gebietes aus der Untertänigkeit Sachsens und überstellte sie der Untertänigkeit Preußens.
Erstmalig wurden im Jahre 1818 Grenzzeichen entlang der neuen Trennlinie aufgestellt.
Aus Kostengründen sind keine Grenzsteine, sondern weithin sichtbare Holzsäulen zur Grenzmarkierung genutzt worden. An den festgelegten Grenzpunkten standen sich je zwei Holzpfähle mit den Hoheitszeichen Sachsens und Preußens gegenüber. In den Protokollen der gemischten Grenzkommissionen, denen neben den Commissarien beider Staaten vornehmlich die Ortsrichter,Schöffen und Revierjäger der betroffenen Territorien angehörten, wird der genaue Grenzverlauf und die Aufstellpunkte der Grenzpfähle beschrieben.(*2
Das östliche Dreiländereck unweit der Tafelfichte (Isergebirge), dort wo die Grenzen von Sachsen, Preußen und Österreich bis 1815 aneinander stießen, ist nahezu 25 Kilometer nach Westen verschoben worden. An dem Flüsschen Wittig (heute Witka),zwischen den Ortschaften Wilka (Preußen), Wanscha (Sachsen) und Wiese (Böhmen/Österreich), befand sich nun das neue Dreiländereck.
Von da an verlief die sächsisch-preußische Grenze zunächst in nord-westliche Richtung, die Flüsse Spree, Pulsnitz,
Elbe, Dahle und Mulde überquerend, westlich um Leipzig herum,  nach Schkeuditz. Auf dem heutigen
Flugplatz Leipzig-Schkeuditz
verlief sie ein Stück entlang der Alten Salzstrasse und macht dann einen Knick in südliche Richtung. Nach dem Überqueren der Luppe, vorbei an Markranstädt, Zwenkau und Pegau, mehrfach
die Weiße Elster überquerend, erreicht die Grenzlinie nach nahezu 500 Kilometern in der Nähe von Lucka das westliche
Dreiländereck zwischen Sachsen-Preußen und Thüringen.
Die sächsisch-preußische Grenze verläuft auch ca. 190 Kilometer durch die Oberlausitz. Sie teilte historische gewachsene Landeszusammenhänge, wirtschaftliche Strukturen, Wälder, Flüsse und Teiche sowie elf Kirchspiele und sieben Grundherrschaften.
Die Kreise Görlitz, Lauban, Rothenburg und der neugebildete Kreis Hoyerswerda kamen mit der Grenzziehung nach Preußen. Der Oberlausitzer Sechsstädtebund hörte auf zu existieren. Auch das sorbische Siedlungsgebiet wurde geteilt. Von den 250 000 Sorben der Ober- und Niederlausitz kamen 200 000 nach Preußen. Im Jahre 1933 endete der Status als Landesgrenze zwischen dem Freistaat Sachsen und dem Freistaat Preußen.




Die Teilung der Oberlausitz im Jahre 1815  (
*3
Quellenverzeichnis
(*1  Buch: Preussen - Die unbekannte Großmacht, Seite 82
(*2  StFilA Bautzen, Oberamtsregierung 3262, Protokoll derGrenzkommissionen
(*3  Karte der Lausitz um 1820 von E. Hartstock im Buch Oberlausitzer
Heide- und Teichlandschaft, Seite 71, mit nachträglichen
Eintragungen der Grenzlinie, Grenzorte und Grenzpunkte
durch H.-J. Gawor
Ab 1828 werden die Holzpfähle durch Grenzzeichen aus Stein ersetzt. Die aufgestellten Grenzsteine (auch Pilare genannt) haben verschiedene Formen und Größen. In der Oberlausitz, von der Wittig/Witka (GS 1) bis in Spreenähe (GS 81) markieren je zwei Granitquader die Grenzlinie. Ein Grenzstein steht auf sächsischem Gebiet und der andere auf preußischem Gebiet. Beide tragen die gleiche Grenzstein-Nummer. Sie ragen ca. 90 cm aus dem Erdreich und wiegen mehr als 600 kg. Zeitweilig waren in diesem Bereich die sächsischen Grenzsteine mit grün-weißen und die preußischen Grenzsteine mit schwarzweißen Bordüren gestrichen. Von der Spree (GS 82) bis an die Pulsnitz (GS 148) steht - bis auf zehn Ausnahmen - jeweils nur ein Grenzstein direkt auf der Grenzlinie (Foto). Die Form entspricht einem Pyramidenstumpf und das Gewicht der Granitsteine liegt zwischen 700 und 1000 kg. Auf der einen Seite der Grenzzeichen steht KS (für Königreich Sachsen) und auf der anderen Seite KP (Königreich Preußen) und jeweils darunter die Grenzsteinnummer. Die eine Hälfte des Grenzzeichens ist mit gezackten grün-weißen Bordüren und die andere Hälfte mit gezackten schwarzweißen Bordüren gestrichen. Der Abstand der Grenzzeichen zueinander ist nicht einheitlich, sondern sehr unterschiedlich, und richtete sich nach den örtlichen Gegebenheiten wie Gräben, Flüsse und Fahrwege. Die kürzeste Entfernung zwischen zwei Grenzsteinpunkten in der Oberlausitz beträgt ca. 200 Meter (zwischen GS 115 und GS 116) und die größte Entfernung ca. 4350 Meter (zwischen GS 99 und GS 100). Zwischen den Grenzsteinen stehen auf der Trennlinie in Abständen von 10 bis 100 Metern sogenannte Läufersteine. Noch heute ist ein bedeutender Teil der Grenzzeichen erhalten geblieben und wird, vorwiegend von Heimatfreunden, gepflegt. Der Autor des Beitrages ist von Januar 2008 bis März 2015 mit zeitweiliger Begleitung von verschiedenen Heimatfreunden und Grenzsteinsuchern aus Königswartha, der Oberlausitz, der Dahlener Heide, dem brandenburgischen Gaitzsch und dem Museumsverein Schkeuditz die gesamte nahezu 500 Kilometer lange sächsisch-preußische Grenze Schritt für Schritt abgegangen. Dabei hat er auf der ehemaligen Grenzlinie, neben zahlreichen Erlebnissen und Feststellungen, mehr als 2350 Grenzzeichen, davon 1200 in der Oberlausitz, gefunden, erfasst und dokumentiert.

Hans-Joachim Gawor 2015
 Besucherzähler
23.03.2025
Zurück zum Seiteninhalt