Nachkriegsernährung - Geschichtsverein RAK e.V.Königswartha

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Nachkriegsernährung

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Wie haben die Menschen bei uns nach dem Krieg gelebt?    


„Blinder Hering“ und Haferflockenmakronen
 – Speisen in den Nachkriegsjahren –
Im Jahr 1844 verfasste Heinrich Heine das satirische Versepos
 
„Deutschland.Ein Wintermärchen“
 
Im 9. Vers heißt es:
Ein neues Lied, ein besseres Lied,
O Freunde, will ich euch dichten!
Wir wollen hier auf Erden schon
Das Himmelreich errichten. …

Wenn wir uns unsere Essgewohnheiten ansehen, haben wir das Himmelreich schon fast geschafft. Aber, das ist und war nicht überall und für jeden so. In den Jahren nach dem Zweiten Weltkrieg hatten auch bei uns die Menschen zu kämpfen um die Familien einigermaßen satt zu bekommen. Meine Familie hatte einen kleinen Bauernhof und war deshalb Selbstversorger. Aber sehr üppig hat sie trotzdem nicht gelebt.
Ich habe ein Tagebuch meiner Mutter von 1945/46 mit Essensplan (Küchenzettel) und Arbeiten, die sie erledigt hat, gefunden. Sie war damals 17 Jahre alt und besuchte die Landwirtschaftsschule in Bautzen.
Auch in den späteren Jahren, als ich ein kleines Kind war, gab es zum Frühstück immer noch Mehlsuppe aus Roggenmehl, Brot mit Rübensirup und dazu Malzkaffee.

Mittags und abends gab es hauptsächlich Kartoffelgerichte: Pellkartoffeln, Kartoffelmus, Kartoffelsalat oder Bratkartoffeln. Als Beilage gab es z.B. saure Gurken, Buttermilchsoße, Apfelmus oder Quark, oft mit Leinöl. Kartoffelmus wurde meist nur mit Rotkraut oder Sauerkraut gegessen.
Besonders beliebt war „blinder Hering“, das war eine Milchsoße wie wir sie heute für marinierten Hering kennen, mit Zwiebel, Gurke, Essig und Gewürzen, aber ohne Hering.
Fleisch oder Wurst wurde in dieser Zeit selten gegessen, eigentlich nur, wenn ein Schwein, Huhn oder Kaninchen geschlachtet wurde.
Aber auch dann wurde sparsam gegessen; ein Schwein musste ja für das ganze folgende Jahr reichen. Deshalb wurde alles verwertet und konserviert. Es wurde gepökelt, geräuchert und viel eingekocht. Das Fett wurde ausgelassen und in Tontöpfen gelagert. Es war dadurch haltbar und wurde als Bratfett z.B. für Bratkartoffeln verwendet oder zum Backen genommen und natürlich als Brotaufstrich gegessen. Die Grieben wurden entweder zu Griebenfett verarbeitet oder gebraten zu Pellkartoffeln gegessen.
Beim Schweinschlachten wurde das Blut zu Grützewurst und Blutwurst verarbeitet. Und dann gab´s noch die Blutsuppe, die „Schwarze Tunke“ (Čorna juška). Soll ja gut geschmeckt haben – mit Gewürzen und süß-sauer–,ich habe es aber nicht gekostet, sah doch recht eigenartig aus. Ein beliebtes Essen war auch Milchhirse, ein Brei aus Hirse mit Milch gekocht und dazu gab es braune Butter und Rübensirup.Der Sirup wurde selber aus Zuckerrüben gekocht.
Und wenn es Brot gab, wurde es auch mit selbstgekochtem Brotaufstrich gegessen:

Fett, Semmelmehl, Hefe, Zwiebel und Wasser wurde gedünstet und dann gewürzt mit Senf, Majoran, Tomate oder was man sonst noch wollte.
 
Mayonnaise wurde für den Kartoffelsalat gebraucht, natürlich selbstgemacht
mit Milch, Öl und Kartoffelmehl.
Und nun noch ein Rezept für die Weihnachtsbäckerei: Haferflockenmakronen

Meine Familie ist damals satt geworden, wenn auch mit sehr einfacher Kost.
Es wurde nichts weggeschmissen. Was nicht gegessen werden konnte, wie Schalen usw., wurde an die Tiere verfüttert.
Menschen, die keinen Bauernhof hatten oder in der Stadt lebten, hatten es viel schwerer, satt zu werden. Vielleicht sollten wir darüber nachdenken, ob wir heute den Wohlstand (nicht selten Überfluss) unbedingt brauchen und uns darauf besinnen, dass es nicht gut ist, Lebensmittel wegzuwerfen und zu vernichten.
Im 11. Vers von Heinrich Heine heißt es:
 
Es wächst hienieden Brot genug
Für alle Menschenkinder,
Auch Rosen und Myrten, Schönheit und Lust,
Und Zuckererbsen nicht minder.

Alenka Hager, November 2024

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