Nachkriegsspeisen - Geschichtsverein RAK e.V.Königswartha

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Nachkriegsspeisen

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Speisen in den Nachkriegsjahren
 
Meine Mutti stammte aus einer mittleren Landwirtschaftsfamilie in Neschwitz.
Laut Berichten tobte dort der Zweite Weltkrieg noch mehr als in Königswartha.
Die Landwirte hatten kaum noch Vieh, denn die durchziehenden deutschen, russischen und polnischen Soldaten hatten reichlich geplündert.
Einmal ist meine Mutti kurz nach Kriegsende mit einem leeren Kinderwagen die neunzehn Kilometer nach Großpostwitz gelaufen, um einige Hühner zu bekommen.
Im Hungerwinter 1946/1947 haben meine Verwandten ein viereckiges Sieb auf eine kleine Stütze gelegt und einige Körner darunter gestreut. Die Stütze wurde mit einer langen Schnur versehen um damit Sperlinge und sogar eine Krähe zu fangen. Diese gab es dann zum Mittagessen.
Zum Frühstück gab es prinzipiell Mehlsuppe mit Klumpen. Zum Abendbrot ist für alle eine große Pfanne Bratkartoffeln zubereitet worden. Die Bratkartoffeln sind mit dem Fett gebraten worden, welches vom letzten Schlachtfest eingeweckt oder in Tontöpfen gelagert war.
Zu Mittag gab es häufig ganz einfaches Essen. Dazu gehörte auch das „Prägelsalz“. Es bestand aus etwas zerlassenem Speck, heißem Wasser und dazu Mehl. Alles wurde so lange gerührt, bis es sämig war und etwas Salz dazugegeben. Mit Pellkartoffeln und sauren Gurken war es ein schmackhaftes Essen in jener Zeit.
Als Kompott gab es im Winter meist „Schuschenken“. Das war getrocknetes Obst, bestehend aus kleinen, wilden Birnen, kleinen Äpfeln und getrockneten Pflaumen. Das Obst wurde zuvor in der Ofenröhre getrocknet. Mitunter aber auch zum Bäcker gebracht und dort über Nacht im Backofen gleichmäßig getrocknet.
Sirup wurde daheim selbst gemacht. Dazu wurden Zuckerrüben gestoppelt, Reste der von der Haupternte in der Erde gebliebenen Rüben gehackt und nach Hause gefahren. Mit dem Handwagen über weite und schlechte Wege war das oftmals eine Schinderei. Zu Hause sind die Zuckerrüben von Erde gereinigt, gescheuert und gewaschen worden. Danach wurden sie in Stücke geschnitten und in einem großen Topf oder einem Kessel so lange gekocht, bis sich Sirup bildete. Alles klebte, aber schmeckte dann.
Noch etwas zum Schweinschlachten!  Es wurde alles verwertet, nur die Borsten und Klauen blieben übrig. Ein Teil des Fleisches wurde zum Fleischer gebracht um es „Gutgeschrieben“ zu bekommen. Dafür gab es dann in der Erntezeit Streichwurst.
Schinken und etwas „Gute Wurst“ wurde daheim in der Räucherkammer geräuchert. Das ganze Haus roch ganz intensiv nach Räucherware. Später wurde der Schinken in Scheiben geschnitten und durch den Fleischwolf gedreht, damit sich alles gut schmieren ließ. Die Brote wurden damit geschmiert, aber nicht üppig. Das war sparsam und schmeckte gut.
In der Erntezeit waren die Nachbarn liebe und gute Helfer. Als Dank gab es für sie etwas von der Ernte und vom Schlachtfest, die Wurstbrühe mit Grützwurst oder Leberwurst. Aus heutiger Sicht war es eine mühsame Zeit. Es gab noch nicht so viele, die Arbeitskraft sparende Technik und moderne Küchengeräte. Das Meiste musste noch in Handarbeit verrichtet werden. Deshalb braucht es manchmal mehr Beachtung und Verständnis für den heutigen Wohlstand, den wir nicht mehr missen möchten und zu dem unsere Vorfahren mit Fleiß beitrugen. Sie würden sich heute wundern und freuen.

M.G. Dezember 2024
 

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